Liebe Heuwusler-Freunde,
die Zeit vergeht wie im Fluge. Der letzte News-Eintrag ist nun schon 10 Wochen her und natürlich wurden wir oft gefragt, wie es in dem Rott-am-Inn-Notfall voran geht.
Wie bereits im letzten Eintrag geschrieben, haben wir zunächst 49 Meerschweinchen und 1 Kaninchen übernommen. Sehr viele Mädchen waren trächtig und es setzte bei uns ein regelrechter Baby-Boom ein. 32 Babys wurden geboren (2 fehlen auf dem Foto):
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Kaninchen-Mädchen Peggy hatte es noch aus der Hölle geschafft aber sah viel zu schnell den Himmel. Ihre Atmung war auffällig, sie hatte Mühe, Luft zu bekommen. Ein Röntgenbild beim Tierarzt ergab die schreckliche Wahrheit. Die Lunge war zu 80 % verschattet und nur noch ein winziger Teil belüftet. Das Herz war nicht mehr deutlich abgrenzbar; Ursache war ein Lungenödem. Ihr Zustand verschlechterte sich zusehends. Eine Behandlung war aussichtslos. Um ihr weiteres Leid zu ersparen, wurde sie am 28.07.2016 euthanasiert.
Wir wissen nicht was mehr überwiegt; Trauer oder Wut. Eine Wut, resultierend aus der Tatsache, dass ein so liebenswertes Geschöpf ihr bisheriges Dasein in Dreck und Müll verbringen musste, wahrscheinlich nie richtig versorgt und sicherlich nie geliebt wurde. Nun, wo endlich die Sonnenseite des Lebens hätte beginnen können, verlässt sie diese Erde.…. hoffentlich mit Erinnerungen an die letzten 3 Wochen. Daran, dass es Menschen gibt, die es gut mit den Tieren meinen. Die ihr Zuneigung, Verständnis und Mitgefühl entgegenbrachten.
Aus dem Dreck wurde Peggy ausgegraben | Sie hatte ganz zerbissene Ohren | Endlich in Sicherheit |
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Am 06.08.2016 wurden wir von einer Mitarbeiterin des Deutschen Tierschutzbundes – welche selbst 10 Tiere aus diesem Notfall privat übernommen hatte – gebeten, ein weiteres Tier aufzunehmen. Es handelte sich um ein sehr kleines , fast blindes Meerschweinchen-Mädchen, das in ihrer Gruppe ausgegrenzt wurde. Unser Team-Mitglied Birgit aus Bad Tölz, war bereit, dieses Mädel zu übernehmen und gab ihr den Namen Mausi.
Ein Auge wurde vermutlich durch einen Biss von Artgenossen oder einer Ratte verletzt. Das Auge ist nicht mehr zu sehen. Das andere Auge tränt, ist eingetrübt. sie sieht hier vielleicht maximal noch Schatten. Die linke Vorderpfote weist eine alte Fraktur auf, die Knochen sind falsch zusammen gewachsen, Mausi hat dadurch eine dicke Pfote. Das Laufen beeinträchtigt sie dadurch nur minimal. Mausi kommt in einer kleinen Herde gut klar und wird als Gnadenbrottier bei Birgit bleiben. Mausi hat sicherlich auch einen Gen-Defekt, sie bleibt sehr klein. Wir hoffen, dass sie dennoch ein längeres Leben vor sich hat. Für Mausi suchen wir noch einen Paten.
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Sorgenkind Nr. 27 „Dr. Snuggles“ konnte am 23.08. auch endlich kastriert werden (Danke an Bärbel Vischer für die Übernahme von anteiliger OP-Kosten und Kastration!). Es geht ihm wunderbar, er hat nun die 1.000-Gramm-Marke geknackt und freut sich seines Lebens. Er kommt mit nur einem Auge sehr gut zurecht und ist auch gar nicht mehr so panisch wie anfänglich. Er kann ab Mitte Oktober umziehen. Wir würden uns arg freuen, wenn sich liebe Menschen melden, die ihm ein Zuhause schenken möchten.
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Trotz vieler positiver Geschehnisse waren wir dennoch stets in Sorge. Es befanden sich ja noch viele Tiere auf dem Grundstück, die beim ersten Termin nicht eingefangen werden konnten. Eine Zeitlang durfte das Grundstück nicht mehr betreten werden. Gott sei Dank blieb der Vorstand des Rosenheimer Tierheims an dieser Sache hartnäckig dran. In Kooperation übersandten wir mehrere Befundberichte und Fotos an die zuständigen Ämter, welche deutlich zeigten, dass hier wirklich absoluter Handlungsbedarf ist.
Am 31. August war es dann endlich soweit. Das Veterinäramt gab grünes Licht und forderte das Tierheim auf, weitere Tiere von dem Grundstück abzuholen. 9 weibliche, 7 männliche Meerschweinchen sowie 8 Kaninchen wurden gefangen. Leider blieben aber wieder Tiere vor Ort, die aufgrund des vielen Gerümpels auf dem Grundstück nicht gefangen werden konnten. Die Zitterpartie ging weiter. Das Aufstellen von Lebendfallen wurde genehmigt aber leider führten diese nicht zum Erfolg. Keines der Meerschweinchen ging in die Falle. Mittlerweile berichtete die Nachbarin, welche den Stein dieses Notfalls ins Rollen gebracht hatte, von Überresten in Form von Meerschweinchen-Köpfen, die auf dem Grundstück lagen. Der Mader hat sich hier wohl bedient. Es ist nur noch entsetzlich.
Am 29. und 30. September konnten schließlich Dank erneutem OK zum Betreten des Grundstücks und durch den beherzten Einsatz der Tierheim-Mitarbeiter die hoffentlich letzten Tiere gerettet werden. Darunter auch ein trächtiges Weibchen. Insgesamt war die erfreuliche Ausbeute: 3 männliche und 4 weibliche Tiere. Ein Tier hatte einen Milchstau, war allerdings ohne Jungtiere. Die eingefangenen Tiere befinden sich in Obhut des Rosenheimer Tierheims.
Diese Aktion ist nun offiziell beendet. Wir wurden davon unterrichtet, dass es geplant ist, das Grundstück in den nächsten 2 Wochen zu entrümpeln. Wir werden informiert, sollte wider Erwarten doch das ein oder andere Tier auf dem Grundstück verblieben sein. Ein offizielles Haltungsverbot wird noch geprüft.
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Nun zu den weiteren von uns übernommenen Tieren:
Die am 31.08.2016 gefangenen 9 weiblichen Meerschweinchen sowie die 8 Kaninchen sind zu uns gekommen. (Danke Helga, für's erneute Fahren dieser weiten Strecke und Aufnahme von allen 8 Kaninchen!) Wir hätten auch gerne den 7 Buben Zuflucht gewährt, aber aufgrund der vielen bereits geborenen Babys war unsere Kapazität an Pflegeplätzen absolut ausgeschöpft.
Wie auch schon die Tiere aus dem Juli, hatten diese Mädchen Milben. Was wir aber bisher noch nie hatten, war ein diagnostizierter Vogelbandwurm unter dem diese Tiere litten. Sie wurden also zunächst unter strengster Quarantäne behandelt, was recht langwierig war. Die erneute Kotprobe nach 3 Wochen brachte das erhoffte Negativ-Ergebnis. Die Behandlung war erfolgreich, alle Tiere wohlauf. Bisher haben auch schon 3 Mädchen Nachwuchs bekommen, bei den anderen 6 Mädchen ist eine Trächtigkeit auch noch nicht ausgeschlossen.
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Die 8 Kaninchen befanden sich in einem äußerst besorgnis erregenden Gesundheitszustand. Extrem unterernährt und total verdreckt. Die Tiere müssen wohl ziemlich tief im eigenen Kot gehockt haben. Sie mussten gebadet, die Pfoten eingeweicht und der Hintern saubergemacht, teils sogar rasiert werden. Die Weibchen hatten Milbenbefall. Der anstehende Tierarzt-Check war niederschmetternd.
Kaninchen-Mädel Betty (Nr 1) hatte eine Entzündung und schwerwiegende Bissverletzungen im Genitalbereicht. Sie war so verstümmelt, dass wir anfänglich nicht wussten, ob es sich um ein weibliches oder männliches Tier handelte. Es plagte sie schwerer Durchfall, die Futteraufnahme war sehr gestört. Sie musste einige Tag auf Station in der Tierarzt-Praxis bleiben.
Zenzi (Nr. 2) ist an Encephalitozoonose Cuniculi mit bleibender Schiefkopfhaltung erkrankt. Es fehlt 1/3 des linken Ohres. Sie konnte nach der Milbenbehandlung bereits kastriert werden und wir sind überglücklich, dass Zenzi trotz ihrer Erkankung und der Tatsache, dass sie Menschen gegenüber sehr misstrauisch ist, schon ein Zuhause gefunden hat.
Korbinian (Nr. 3) musste eine entzündete Kralle am linken Hinterlauf operativ entfernt werden. Sein Allgemeinzustand war aber recht schnell stabil und er konnte kastriert werden. Rammler Hörgi (Nr. 4) war von allen 8 Kaninchen in gesundheitlich gutem Zustand. Auch er ist bereits kastriert. Beide Buben wünschen sich ein schönes Plätzchen mit Damengesellschaft.
Resi (Nr. 5) hatte einen schlimmen Milbenbefall und musste 3 mal gespritzt werden, bis die Viecher endlich in die Flucht geschlagen waren. Sie konnte mittlerweile kastriert werden und macht sich wirklich sehr gut auf der Pflegestelle. Mit jedem Tag wird sie zutraulicher. Sie wiegt über 4.000 Gramm und hat eine schöne Fellfärbung auf der Stirn. Wer möchte der netten Dame ein Zuhause schenken mit viel Platz zum Rennen und Toben?
Schorschi (Nr. 6) hatte nur einen ersichtlichen Hoden. Der zweite war in den Bauchraum eingewachsen. Auch er musste erst einmal an Gewicht zulegen und stabil werden um schließlich operiert zu werden. Er hat den Eingriff gut weggesteckt und hat auch schon ein Zuhause in Bruckmühl bei einem uns bereits bekannten Platz gefunden. Vielen lieben Dank für die Adoption!
Uschi (Nr. 7) war in so erbärmlich schlechtem Zustand dass wir um ihr Leben fürchteten. Resultierend aus massivem Kokziden- und Hefenbefall litt sie an schlimmen Durchfall. Sie war so dünn, dass man den Hals mit 2 Fingern umgreifen konnte. An der Wamme hat sie einen großen Knoten, vermutlich einen Tumor. Das rechte Auge wieß eine enorme Entzündung sowie eine Linsentrübung auf. Im Nacken hatte sie starken Fellverlust. Diagnose: Cheyletiellose (Milbenart). Ihre Blutwerte waren eine Katastrophe und zum Überfluss hat sie einen EC-Titter von 1:1280. Uschi ist unglaublich ängstlich, vor uns Menschen hat sie furchtbare Panik, was die Behandlung – vor allem das zwingend notwendige mehrmals tägliche Päppeln – zu einer Zerreißprobe werden ließ.
Und trotzdem (oder gerade deswegen) hat Uschi als Erste der 8 Kaninchen einen tollen Endplatz bei Monika, einer Tierfreundin, die ebenfalls im Kaninchen- und Meerschweinchenschutz tätig ist, gefunden. Sie hat bereits ein pflegeintensives Kaninchen. Ohne langes Zögern bot sie an, Uschi aufzunehmen und ihr ein Zuhause zu bieten. Die anfallenden OP-Kosten werden dennoch von unserem Verein getragen, wir sind unglaublich dankbar, dass Monika das Tier zu sich genomme hat. Weitere Informationen zu Uschi gibt es hier.
Michi (Nr. 8) ist auch ein sehr großes Sorgenkind. Sein Körper war von unzähligen Bissverletzungen gezeichnet, sein Allgemeinzustand furchtbar. Er hatte Wassereinlagerungen im Körper, das angefertigte Blutbild ließ keinen Zweifel an einer dramatischen Blutarmut. Auch er musste enige Zeit stationär in der Tierarztpraxis bleiben, anschließend gepäppelt werden. Michi bekommt neben der schulmedizinischen auch eine homöopathische Behandlung. Sein Zustand hat sich in der Zwischenzeit verbessert. Er hat an Gewicht zugelegt. In ein paar Wochen wird ein Kontroll-Blutbild erstellt werden. Er hat in Kaninchen-Mädel Betty eine Freundin gefunden. Sie wird ihm so lange Gesellschaft leisten, bis er hoffentlich bald ganz gesund ist.
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Dieser Notfall geht wirklich an unsere Grenzen. Unsere Nerven lagen oftmals blank, viele Sorgen um all diese Tiere plag(t)en uns. Viele Team-Mitglieder opferten für diesen Notfall die letzte noch verbliebene Freizeit (obwohl schon viele gar nicht mehr wissen, was das eigentlich ist) und Kraftreserven. Unzählige Fahrten zum Tierarzt mussten absolviert und die Tiere auf unsere Pflegestellen verteilt werden.
Mitte August zählten wir insgesamt sage und schreibe 91 Meerschweinchen auf unseren Pflegestellen. Bei dieser Anzahl stockte uns kurz selbst der Atem. Dank tatkräftiger Unterstützung von Adoptanten, die sich zusätzlich als Pflegestelle anboten, konnten bzw. können diese vielen Tiere bestens untergebracht und fachmännisch betreut werden. Besonders freut uns, dass auch schon viele unserer Notfellchen in der Zwischenzeit ein schönes Zuhause gefunden haben, oder bereits reserviert sind.
Ein hohes Maß an Organisation ist erforderlich, um diese vielen Tiere zu "verwalten" – sei es in Form von Datenblättern oder Homepageeinträgen. Unzählige E‑Mails wurden geschrieben, Fragen zu den Tieren beantwortet. Zieht eines aus, welches Tier rutscht als Gesellschaft nach ohne den Tieren zu viel Streß zuzumuten, all dies sind Dinge, die uns tagtäglich herausfordern. Diese Arbeit erfordert ein ganz enges Hand-in-Hand-Arbeiten im Team und den angeschlossenen Pflegestellen sowie oftmals ein hohes Maß an Flexibilität damit alles reibungslos funktioniert.
Als Vorstand unseres Vereins möchte ich Euch allen ein herzliches Dankeschön aussprechen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir so ein starkes Team bilden und so vielen Tieren mit vereinten Kräften geholfen werden konnte. Ihr seid SPITZE!
Aber nicht weniger gilt der Dank den vielen lieben Spendern, die das Ausmaß der mittlerweile auf 6.785,00 Euro angefallenen Tierarztkosten durch finanzielle Mittel z. B. in Form von Kastrationspatenschaften gemildert haben. Auch in der nächsten Zeit werden noch viele Buben kastriert werden müssen und es stehen noch Rechnungen aus. Wir schätzen, dass sich die Gesamtkosten dieses Notfalls auf bis zu 10.000,- Euro anhäufen werden. Auch über Sachspenden in Form von Heu und Einstreu freuen wir uns weiterhin!
Wir hoffen wirklich sehr, dass dieser Fall nun wirklich beendet ist und nicht erneut eine Hiobsbotschaft in's Haus flattert.
Für all unsere Schützlinge wünschen wir uns Traumplätze, die sich jedes einzelne Tier mehr als verdient hat. Mögen sie das Erlebte bald vergessen und in eine sorgenfreie Zukunft blicken können. Unseren Adoptanten, die bereits eines oder sogar mehrere Tiere bei sich aufgenommen haben, ein herzliches Vergelt's Gott. Um ein Zitat eines unbekannten Verfassers zu nennen:
Ein einzelnes Tier zu retten, verändert nicht die Welt. Doch die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier.
Lassen Sie uns weiter zusammenhelfen, um die Welt für noch sehr viele Tiere besser zu machen!
Es grüßt Sie wie immer recht herzlich -
Andrea Kraus & das gesamte Heuwusler-München-Team