2014/05 – Unse­re "Gum­mi­bär­chen" – Meer­schwein­chen wie Ware getauscht

GewaechshausKisteHeu­te möch­ten wir eine unfass­ba­re Geschich­te über unse­re, wie wir sie nen­nen, "Gum­mi­bär­chen­ban­de" erzählen.

Im Mai 2014 erreich­te uns ein Hin­weis, dass über eine Online-Pri­vat-Anzei­ge Meer­schwein­chen im Tausch gegen eine Tüte Gum­mi­bär­chen und Hafer­flo­cken ange­bo­ten wur­den. Die Fotos die zu die­ser Anzei­ge ein­ge­stellt waren lie­sen schon auf frag­wür­di­ge Hal­tung schlie­ßen, Grund genug für uns hier zu handeln.

Am fol­gen­den Wochen­en­de, sind wir dort­hin gefah­ren und waren wirk­lich erschro­cken über das was wir sahen: 10 Meer­schwein­chen leb­ten in einem Gewächs­haus, das eigent­lich für den Anbau von Toma­ten vor­ge­se­hen wäre. An die­sem besag­ten Tag hat­te es Aus­sen­tem­pe­ra­tu­ren von 24 °C, das Gewächs­haus stand in der pral­len Son­ne. Schon kurz nach dem Betre­ten war die vor­herr­schen­de Hit­ze kaum aus­zu­hal­ten, die sti­cki­ge Luft tat noch ihr übri­ges dazu – wir hat­ten Pro­ble­me mit dem Kreis­lauf. Das Ange­bot an Heu war sehr gering, an Frisch­fut­ter fan­den wir 1 Möh­re vor. Die Haupt­mahl­zeit der Tie­re bestand aus Hafer­flo­cken, die groß­zü­gig in einer Schüs­sel ange­bo­ten wur­den und dane­ben stand 1 Scha­le mit etwas Was­ser. Der staub­tro­cke­ne Boden war über­säht mit Kot.

Das Klein­kind des Hau­ses woll­te stän­dig mit den Meer­schwein­chen kuscheln und jag­te sie des­halb quer durch das Gewächs­haus, um sie zu fan­gen. Die armen Tie­re waren völ­lig gestresst und in höchs­ter Panik, was dann das Hand­ling spä­ter erschwer­te, da sie durch das stän­di­ge Jagen und Begrab­schen gro­ße Angst vor Hän­den hatten.

Acht der zehn Meer­schwein­chen durf­ten wir mit­neh­men. Dar­un­ter eine Mama (Con­chi­ta) mit einem gera­de mal 4 – 5 Tage alten Baby (Hari­bo) zwei Mäd­chen (Melis­sa und Anna­bell) sowie vier unkas­trier­te Jungs (Oskar, Trüf­fel, Trol­li, Cookie).

Die armen Wut­zen wur­den auf Pfle­ge­stel­len ver­teilt und am Mon­tag direkt beim Tier­arzt vor­ge­stellt. Die Dia­gno­sen waren alles ande­re als erfreu­lich. Alle hat­ten Haar­lin­ge und teil­wei­se Sar­k­o­p­tes-Räu­de­mil­ben. Die Zäh­ne der Tie­re waren auf­grund von Mine­ral­man­gel bräun­lich ver­färbt, eini­ge hat­ten Lip­pen­grind. Natür­lich muss­ten die Buben auch sofort kas­triert werden.

Die Ohren von Trol­li waren total zer­bis­sen, sodass sich auf den bereits nekro­ti­schen Ohr­rän­dern die Räu­de­mil­ben sehr wohl fühl­ten. Er muss­te län­ger mit­tels Anti­pa­ra­si­ti­kum behan­delt wer­den bis er die läs­ti­gen Vie­cherl end­lich los war.

Gummibaerchen103 f20t547p6561n4

Die bei­den ca. 3 Mona­te alten Mäd­chen Melis­sa und Anna­bell hat­ten nicht ganz so schlim­men Haar­lings­be­fall, dafür wur­de aber bei bei­den eine Träch­tig­keit fest­ge­stellt. Durch die­se Umstän­de haben wir uns gegen die übli­che Behand­lung mit Spot-On Prä­pa­ra­ten ent­schie­den und sie statt­des­sen mit einem gut ver­träg­li­chen pflanz­li­chen Medi­ka­ment behan­delt. Die Haar­lin­ge waren bald ver­schwun­den, da kam auch schon der nächs­te Schrecken:

f20t434p5064n2-thumb Melis­sa hat­te plötz­lich star­ke Blu­tun­gen und wur­de auf dem schnells­ten Weg in die Tier­kli­nik gebracht.
Die Dia­gno­se: Abort. Sprich: sie ver­liert ihre Babys. Die Ärz­tin in der Kli­nik hat ihr ein Anti­bio­ti­kum und Schmerz­mit­tel verschrieben.
Soll­ten die Föten im Lau­fe des Tages nicht von allein abge­hen, wäre eine Kas­tra­ti­on unum­gäng­lich gewe­sen. Dies wäre in ihrem Zustand 
eine Risi­ko OP gewe­sen, da ih Gewicht und der all­ge­mei­ne Zustand alles ande­re als gut war. Aber Melis­sa, unse­re Kämpferin,
hat die Babys am glei­chen Abend noch ver­lo­ren und eine Ope­ra­ti­on wur­de nicht mehr benötigt.
Die Grün­de für den Abort, sag­te uns die Tier­ärz­tin, sei­en eindeutig:

Fehl­füt­te­rung, Inzucht, zu viel Stress und das zu jun­ge Alter der „Mama“.

f20t434p5064n3-thumb

Bei Anna­bell ver­lief die Träch­tig­keit ohne wei­te­re Kom­pli­ka­tio­nen und so brach­te sie am Abend des 09.06.14 zwei bild­hüb­sche Babies zur Welt:

Ein Mäd­chen, das auf der Pfle­ge­stel­le Valen­ti­na getauft wur­de und einen Buben namens Fer­di­nand.

DSC01531 DSC01538

Alle waren wohl auf und die zwei Klei­nen putz­mun­ter. Anna­bell und Melis­sa küm­mern sich bei­de glei­cher­ma­ßen um den Nach­wuchs. Als für­sorg­li­che Tan­te, umsorgt Melis­sa ihre Nich­te und ihren Nef­fen, als wären sie ihre eige­nen Babys. Sie durf­ten bei ihr sau­gen, obwohl sie gar kei­ne Milch hat­te und durf­ten auch auf ihr schlafen.

Oscar hat­te eini­ge Biss­wun­den, die er bei Revier­kämp­fen mit sei­nen gleich­ge­schlecht­li­chen Art­ge­nos­sen davon getra­gen hat­te. Beson­ders am Rücken infi­zier­te sich die Wun­de. Auf­grund Unter­las­sung einer Behand­lung wur­de die­se Stel­le nekro­tisch und wir muss­ten bei Oskar die Haut­flä­che groß­flä­chig her­aus­schnei­den las­sen. Unter der lin­ken Ach­sel ent­fern­ten die Ärz­te auch noch einen Kalk-Kno­ten, wel­cher auch aus der man­gel­haf­ten Ernäh­rung resul­tier­te. Die Wund­hei­lung war zöger­lich, das Immun­sys­tem von Oskar im Kel­ler. Nach lan­ger inten­si­ver Behand­lungs­pha­se ist das Fell wie­der nach­ge­wach­sen und Oskar wur­de wie­der gesund. 

Nach OP 30 OskarNarbeBein
Oscar 3.2 OscarJoy

Trüf­fel trägt lei­der das schlimms­te Schick­sal von allen:

Er muss sich schon vor län­ge­rer Zeit das rech­te Vor­der­bein stark ver­letzt haben (evtl. Bruch), was von den Vor­be­sit­zern ent­we­der nicht bemerkt oder sogar igno­riert wur­de. Es ent­wi­ckel­te sich dar­aus ein schwerg­ra­dig, chro­ni­scher Ent­zün­dungs­pro­zess des Gewe­bes und des Kno­chens was zu einer sog. Osteo­mye­li­tis (Kno­chen­marks­ent­zün­dung) führ­te. Das gan­ze Vor­der­bein war unter Eiter, Trüf­fel muss höl­li­sche Schmer­zen gehabt haben.

TrueffelkaputtesBein

Auf dem Rönt­gen­bild konn­te man das Vor­der­bein nur noch stel­len­wei­se als leich­ten Schat­ten erken­nen, der Kno­chen fast auf­ge­löst. Es gab nur eine Lösung für Trüf­fel: Das Bein muss­te schnells­tens ampu­tiert wer­den. Die Chir­ur­gin der Tier­kli­nik Isma­ning hat erneut bes­te Arbeit geleis­tet und die OP ist gut ver­lau­fen. Nach 3 Tagen durf­ten wir Trüf­fel wie­der abho­len. Alle bang­ten um den tap­fe­ren Schwei­ne­mann. Am Anfang woll­te er nicht selbst­stän­dig fres­sen und muss­te meh­re­re Tage zuge­füt­tert wer­den. Für die Pfle­ge­stel­le wie­der ein Aus­nah­me­zu­stand, Rund-um-die-Uhr Inten­siv­be­treu­ung, Nachts alle 2 Stun­den auf­ste­hen zum Päp­peln, Ver­ab­rei­chung von Medi­zin und und und.…. Auch die Ein­sam­keit hat ihren Teil dazu bei­getra­gen, Trüf­fel muss­te ja auch erst ein­mal die Kas­tra­ti­ons­frist absit­zen. Als end­lich die Nar­be so weit ver­heilt war, durf­te Valen­ti­na (aus einem ande­ren Not­fall) zu ihm zie­hen und plötz­lich klapp­te das Fres­sen und sogar das Rum­ren­nen wie von allein. Die weib­li­che Gesell­schaft hat ihn kom­plett zum Posi­ti­ven hin ver­än­dert. Heu­te merkt man Trüf­fel kaum noch an, dass er nur 3 Bei­ne hat. Er kann sogar mit nur 3 Bein­chen Pop­cor­nen und genießt sein neu­ge­won­ne­nes Leben in vol­len Zügen. Trüf­fel bleibt als Gna­den­brot-Tier bei Lis­si in Dagl­fing in Pflege.

Trueffel001 Trueffel008 Trueffel021

ConchitaHaribo

Die nächs­te Hiobs­bot­schaft kam von Con­chi­ta. Da im Gewächs­haus die männ­li­chen Tie­re weder kas­triert noch von den Weib­chen getrennt waren, und es den igno­ran­ten Vor­be­sit­zern voll­kom­men egal ist, wie oft ein Mädel gedeckt wird, geschwei­ge­denn dar­über nach­ge­dacht wird, was Inzucht für Fol­gen haben kann, war Con­chi­ta schon wie­der träch­tig als wir sie über­nom­men haben. Sie wur­de offen­bar gleich nach der Geburt von Hari­bo schon wie­der gedeckt, von einem ihrer Brü­der oder dem Vater, wer weiss das schon. Es küm­mert dort auch nie­man­den. Am 09.07.2014 hat sie auf unse­rer Pfle­ge­stel­le 2 Babies zur Welt gebracht, einen Buben namens Manu­el und ein Mäd­chen namens Ale­na. Ale­na mach­te uns von Anfang an Sor­gen, sie nahm schlecht zu und erschein geis­tig oft abwe­send. Sie blieb als Gna­den­brot-Tier bei Clau­dia in Pflege.

Die klei­ne Maus hat am 28.10.2015 ihre Köf­fer­chen gepackt und zog in den Ster­nen­him­mel

Manu­el ist ein recht krä­fi­ger und gesun­der Bur­sche geworden. 

AlenaManuel1

Hari­bo wur­de früh­kas­triert und war wohl auf, ein Traum-Schwein­chen. Er war­te­te sehr lan­ge auf ein neu­es Zuhau­se, hat dies aber 

Haribo625

Der lie­bens­wer­te Coo­kie hat am wenigs­ten Pro­ble­me mit­ge­bracht. Er ist zwar trotz guter Fut­ter­auf­nah­me immer noch zu klein und zu leicht für sein Alter, aber ent­wi­ckel­te sich bald zu einem prop­pe­ren Super-Broms­ler. Er wur­de sehr schnell als Her­zens-Schwein aus­er­ko­ren und durf­te rasch ausziehen. 

CookieReiser7

Noch etwas in eige­ner Sache:

Wir haben die­sen Fall sofort dem zustän­di­gen Land­rats­amt gemel­det und waren sehr erfreut dar­über, dass tat­säch­lich gleich am nächs­ten Tag ein Amts­mann dort eine Kon­trol­le durch­ge­führt und sofor­ti­ge Ände­rung der Hal­tungs­be­din­gun­gen gefor­dert hat. Die Tie­re woh­nen nun nicht mehr in dem Gewächs­haus, son­dern draus­sen in einem Gehe­ge, wel­ches lei­der unge­nü­gend gesi­chert ist und auch bei Regen eine Zumun­tung bedeu­tet. Nach wie vor wer­den dort Tie­re wild ver­mehrt und die Babies dann ver­schleu­dert, ohne Rück­sicht auf die Fol­gen von Inzucht, Krank­hei­ten oder Alter der Mut­ter­tie­re. "Es ist jst ja sooooooo toll, weil sich das Kind des Hau­ses immer so freut wenn die neu­en Babies da sind.…." Es ist fürch­ter­lich und stinkt zum Him­mel. Für eine Aus­spre­chung eines Hal­te­ver­bo­tes ist die Zahl der Tie­re viel zu gering, hier sind unse­re Geset­ze ein­fach zu lasch, dar­über ärgen wir uns täg­lich mass­los. Dem Amt kann man kei­ne Vor­wür­fe machen, es gibt Auf­la­gen die sie einhalten.

Die gan­ze "Gum­mi­bä­ren­ban­de" ist uns sehr ans Herz gewach­sen und alle haben durch uns ein tol­les, tier­lie­bes Zuhau­se gefun­den. Ohne Angst haben zu müs­sen, von einem Klein­kind gejagt zu wer­den, mit viel frisch geschnib­bel­tem Obst und Gemü­se. Heu so viel das Herz begehrt und einem siche­ren Platz bei dem sie mit Art­ge­nos­sen alt wer­den dürfen.

Uns haben die­se Tie­re sehr berührt und wer­den immer in unse­ren Her­zen bleiben.

Ihr Heu­wus­ler-Mün­chen-Team