Am 01.02.2021 erreichte uns der Hilferuf einer Anwaltskanzlei, welche die gerichtliche Betreuung einer sehr kranken und dementen Seniorin übernommen hatte.
Die alte Dame muss in ein Pflegeheim, die Wohnung soll geräumt werden. In der Wohnung befänden sich, laut Aussage des Sohnes, 3 Meerschweinchen in einem Käfig im Wohnzimmer. Die Situation schien sehr dringend und wir vereinbarten einen Ortstermin für Mittwoch-Abend, den 03.02.2021.
Was aber bisher nicht bekannt war, ist die Tatsache, dass sich diese Meerschweinchen (2 Buben, 1 Mädchen) fleißig vermehrt hatten. Die alte Dame war mit der Situation vollkommen überfordert und sperrte die Nachkommen in ein separates Zimmer. Dort vermehrten sie sich unkontrolliert weiter.
Was wir vor Ort erlebten ließ uns im wahrsten Sinne des Wortes den Atem stocken. Beißender Ammoniak-Geruch schlug uns entgegen, das "Meerschweinchen-Zimmer "war ein Bild des Grauens. Wir stiegen auf Kotbergen in und durch das Chaos. Der Gestank zwang uns zur Selbstkontrolle, wir hätten uns sonst übergeben. 13 Tiere (11 Buben, 2 Mädchen) saßen eingesperrt in einem Käfig, der vor Kot und Urin überquoll. Die restlichen Tiere versteckten sich unter diversen Möbelstücken, unter dem Sideboard saßen sie zusammengekauert auf 30 cm hohen Kotplatten.
Das Einfangen wurde zur Zerreißprobe. Die drei Meerschweinchen im Wohnzimmer stießen schon am Käfig-Gitter an, nur ca. 15 bis 20 cm Bewegungsfreiheit nach oben.…
Nach zwei Stunden hatten wir alle Tiere eingefangen: 17 Buben, 11 Mädchen und leider auch ein Totes fanden wir vor.
Unsere Team-Mitglieder standen Gewehr bei Fuß und wir konnten noch am selben Abend alle Meerschweinchen auf Pflegestellen unterbringen. Einige wurden aber auch direkt durch unsere beiden Tierärztinnen, welche bei der Aktion vor Ort mit dabei waren, in deren Praxen gebracht und noch bis spät nachts medizinisch versorgt.
Alle Tiere sind extrem traumatisiert und wir lassen sie nun erst einmal zur Ruhe kommen.
Im Nachhinein haben wir durch die Anwaltskanzlei erfahren, dass in der letzten Zeit verschiedene Personen, teilweise auch regelmäßig in der Wohnung waren und die Situation einfach ignoriert haben. Es ist für uns wirklich unverständlich, dass dort einfach weggeschaut wurde und niemand versucht hat zu helfen. Sind wir wirklich eine Gesellschaft der "Wegschauer "geworden…?
Die weiteren Konsequenzen für die Beteiligten liegen jetzt in den Händen der Juristen.
Update 17.02.2021
Vor zwei Wochen wurden wir zu dem schrecklichen Notfall im Hasenbergl gerufen. In dieser Zeit haben wir uns intensiv um die traumatisierten und teilweise kranken Tiere gekümmert. Aktuell können wir kurz durchatmen und möchten uns deswegen an dieser Stelle bei ein paar Menschen bedanken: Tierhilfe verbindet e.V. hat zwei kleine Meerschweinchen Mädchen und Tierschutzverein Rosenheim e.V. hat vier Buben aufgenommen, danke für die gute Zusammenarbeit.
Frau Dr. Homeier und Frau Dr. Roser, unsere Tierärztinnen, die auch mit vor Ort waren, haben unsere kritischen Fälle stationär aufgenommen und rund um die Uhr intensiv, medizinisch versorgt. Der kleine Siegfried hätte wohl nicht überlebt, wenn Dr. Roser ihn nicht sieben Tage betreut hätte. Tausend Dank dafür.
Das letzte, aber deswegen nicht weniger wichtige Dankeschön, geht an alle, die keine unangebrachten oder gar feindseligen Kommentare geäußert haben, sondern Mitgefühl. Das ist in den sozialen Medien leider keine Selbstverständlichkeit und wir sind sehr froh über so positive Resonanz.
Die Fellnasen haben sich schon einigermaßen gut erholt. Sie wurden gegen Parasiten behandelt, Bisswunden und andere Verletzungen wurden versorgt und manchen Tiere mussten sogar gebadet werden, da das Fell stark mit Kot und Urin verklebt war. Auf den Fotos gibt es ein paar vorher-nachher Bilder zu sehen. Die ersten Buben wurden schon kastriert und auch fünf Babys haben auf den Pflegestellen schon das Licht der Welt erblickt.
Viele der Tiere sind von ihrem Verhalten her schon aufgeblüht, aber andere sind noch sehr schreckhaft und brauchen noch viel Zeit, bis sie ihr neues Leben genießen können. Wir werden nach und nach die Tiere auf unserer Homepage vorstellen und auch auf Facebook über sie berichten.